Krankenkassen-Umfrage zeigt: Kosten für frühkindliche Kariesprophylaxe werden nur selten erstattet

Krankenkassen-Umfrage zeigt: Kosten für frühkindliche Kariesprophylaxe werden nur selten erstattet ©lagom/Fotolia

Frühkindliche Karies nach wie vor verbreitetes gesundheitliches Problem / Umfrage der Informationsstelle für Kariesprophylaxe: Die wenigsten gesetzlichen Krankenkassen übernehmen Kosten für Vorsorgeuntersuchungen vor dem 30. Lebensmonat / Neugestaltung der zahnärztlichen Vorsorgeuntersuchungen im Rahmen des Präventionsgesetzes möglich

Frankfurt, 9. November 2015 (IfK) – Frühkindliche Karies ist in Deutschland nach wie vor ein verbreitetes gesundheitliches Problem. „Dies erfordert besondere Prophylaxekonzepte. Insbesondere sind zahnärztliche Vorsorgeuntersuchungen bereits vor dem 30. Lebensmonat nötig, sobald die Milchzähne beginnen durchzubrechen“, sagt Professor Stefan Zimmer, Lehrstuhlinhaber für Zahnerhaltung und Präventive Zahnmedizin an der Universität Witten/Herdecke und Sprecher der Informationsstelle für Kariesprophylaxe (IfK). Jedoch: Entsprechende Untersuchungen werden von den meisten gesetzlichen Kassen bislang noch nicht als freiwillige Zusatzleistungen angeboten. Das ergab eine aktuelle Umfrage der IfK (1). Ausnahme ist die Bertelsmann BKK. Unter den teilnehmenden gesetzlichen Kassen übernimmt sie als einzige die Kosten für Vorsorgeuntersuchungen zur Kariesprophylaxe bereits vor dem 30. Lebensmonat.

Ergebnisse der Krankenkassen-Umfrage

Ziel der IfK-Umfrage war es herauszufinden, welche deutschen gesetzlichen Krankenkassen besonders milchzahnfreundlich sind. Denn zahnärztliche Vorsorgeuntersuchungen für Kinder können gesetzliche Kassen zwar auf freiwilliger Basis bereits ab dem ersten Milchzahn erstatten. Gesetzlich verpflichtet sind sie dazu jedoch erst, wenn die Kinder 30 Monate alt sind. Alle 42 bundesweit verfügbaren gesetzlichen Krankenkassen (2) erhielten von der IfK eine Einladung, an der Umfrage teilzunehmen. Die Abfrage der Kassenleistungen erfolgte mittels standardisiertem Fragebogen, der über ein Online-Portal ausgefüllt werden konnte. An der Umfrage beteiligten sich 14 gesetzliche Krankenkassen (siehe Tab.). Die Ergebnisse: Erwartungsgemäß übernehmen alle Kassen die drei gesetzlich vorgeschriebenen Früherkennungsuntersuchungen ab dem 30. Lebensmonat. Die Bertelsmann BKK ist jedoch die einzige gesetzliche Kasse, die schon vor dem 30. Lebensmonat Kosten für die Kariesprophylaxe übernimmt. Die Kostenübernahme beträgt bis zu 100 Euro pro Kalenderjahr, unabhängig davon, welche Prophylaxeleistungen in Anspruch genommen wurden.

Regionales Konzept zur frühkindlichen Kariesprophylaxe

Bundesweit übernehmen gesetzliche Krankenkassen zahnärztliche Vorsorgeuntersuchungen vor dem 30. Lebensmonat somit nur in Ausnahmefällen. Im Gegensatz dazu steht ein regionales Konzept von der DAK-Gesundheit und der Kassenzahnärztlichen Vereinigung Hessen (KZVH). Es beinhaltet beispielsweise Zahnvorsorgeuntersuchungen sowie ein Zahnputztraining während der Schwangerschaft und ein erweitertes Prophylaxe-Angebot für Kinder schon zwischen dem sechsten und 30. Lebensmonat. DAK-Gesundheit und KZVH weisen mit dem Konzept auf die Problematik von Zahnproblemen bei Kleinkindern hin. (3)

Frühkindliche Karies hat gesundheitliche Folgen

Die Mundgesundheit von Kindern und Jugendlichen hat sich in Deutschland in den letzten Jahren zwar deutlich verbessert (4). Nicht jedoch die frühkindliche Karies bei Kleinkindern bis zum dritten Lebensjahr. Die „Early Childhood Caries (ECC)“ tritt in Deutschland immer häufiger auf. Durchschnittlich sind hierzulande 10 bis 15 Prozent der Kleinkinder von frühkindlicher Karies betroffen (5). Begünstigt wird die Erkrankung bei den Kleinsten, wenn sie ständig zucker- und säurehaltige Getränke aus der Flasche nuckeln sowie häufig Süßigkeiten verzehren. Viele Eltern unterschätzen zudem die gesundheitliche Bedeutung der Milchzähne und putzen die Zähne des Kleinkindes nur unregelmäßig. Wird nicht möglichst frühzeitig ein Zahnarzt besucht, bleiben die Schäden unerkannt. „Früherkennungsuntersuchungen vor dem 30. Lebensmonat haben den Vorteil, dass der Zahnarzt erste Schäden, vor allem aber das Kariesrisiko des Kindes beurteilen kann. Stellt er ein solches Risiko fest, kann er präventive Maßnahmen wie die lokale Fluoridierung der Zähne sowie Kontrollintervalle festlegen“, erklärt Zimmer. „Gerade weil in den ersten 30 Lebensmonaten im Allgemeinen noch keine zahnärztliche Diagnostik besteht, ist es wichtig, dass Eltern auf geeignete Prophylaxemöglichkeiten achten.“ Dazu gehören laut Zimmer eine fluoridhaltige Kinderzahnpasta (bis 500 ppm Fluorid) sowie eine zahnfreundliche Ernährung (zum Beispiel fluoridiertes Speisesalz im Haushalt). Bereits früh mit der Prophylaxe zu beginnen, hilft viel. Denn: „Studien haben gezeigt, dass die Zeit bis zum Durchbruch des voll entwickelten Milchzahngebisses prägend und von hoher Bedeutung für das weitere Kariesrisiko im Milchgebiss und bei bleibenden Zähnen ist“, ergänzt Zimmer. (5,6)

Gesetzgeber verabschiedet Präventionsgesetz

Auch der Gesetzgeber will die frühkindliche Kariesprophylaxe zukünftig verbessern. Im Rahmen des kürzlich verabschiedeten Präventionsgesetzes beauftragte er den Gemeinsamen Bundesausschuss, die zahnärztliche Versorgung von Kleinkindern bis zum 30. Lebensmonat neu in den Leistungskatalog aufzunehmen und auszugestalten. Die konkrete Umsetzung wird vermutlich noch etwas Zeit in Anspruch nehmen. Doch ein wichtiger Schritt wurde aktuell schon erreicht: Das Bundesministerium für Gesundheit genehmigte eine Neufassung der ärztlichen Kinder-Richtlinien. Künftig soll der Kinderarzt die Eltern mit ihrem Kind insgesamt sechsmal zum Zahnarzt verweisen können. Diese Verweise zwischen dem sechsten und 64. Lebensmonat trägt der Kinderarzt im „Gelben Untersuchungsheft“ ein. So werden Eltern rechtzeitig auf einen notwendigen Zahnarzttermin aufmerksam gemacht. (7) „Die aktuellen Entwicklungen, das heißt die neuen Kinder-Richtlinien sowie das Präventionsgesetz und die sich daraus ergebenden Maßnahmen zur Kariesprophylaxe bei Kleinkindern bis zum 30. Lebensmonat sind sehr zu begrüßen“, freut sich Zimmer. „Auf längere Sicht erhoffen wir uns durch die verbesserte zahnärztliche Vorsorge einen deutlichen Rückgang der frühkindlichen Karies.

Tab.: Ergebnisse der Krankenkassen-Umfrage der IfK

Quellen:

(1) Umfrage der Informationsstelle für Kariesprophylaxe, 14 Teilnehmer im Zeitraum vom 13. Juli bis 18. August 2015. [Hier finden Sie den Infokasten zur Umfrage]
(2) GKV-Spitzenverband: Krankenkassenliste https://www.gkv-spitzenverband.de/service/versicherten_service/krankenkassenliste/krankenkassen.jsp
(3) DAK-Gesundheit, KZVH: Pressemitteilung Bessere Zahnvorsorge für Mutter und Kind, August 2015.
(4) Deutsche Gesellschaft für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde: Deutsche Mundgesundheitsstudie – DMS VI – ein kurzer Überblick, 2006
(5) KZBV, Bundeszahnärztekammer: Frühkindliche Karies vermeiden. Ein Konzept zur zahnmedizinischen Prävention von Kleinkindern. Januar 2014.
(6) Leserfrage IfK: Ab dem ersten Zahn regelmäßig zum Zahnarzt! www.kariesvorbeugung.de/pressemeldung/article/leserfrage-ab-dem-ersten-zahn-regelmaessig-zum-zahnarzt.html
(7) KZBV: Pünktlich zum 25. Tag der Zahngesundheit: Zahnärztliche Prävention für Kinder deutlich gestärkt. Pressemitteilung vom 25.09.2015. www.kzbv.de/pressemitteilung-vom-25-09-2015.967.de.html

Herausgeber: 

Informationsstelle für Kariesprophylaxe
Katja Jung, Dirk Fischer
Leimenrode 29, 60322 Frankfurt
Telefon: 069 / 2470 6822 Fax: 069 / 7076 8753
E-Mail: daz@kariesvorbeugung.de
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