Schnuller ablecken: Hilfreich oder gefährlich?

Schnuller ablecken: Hilfreich oder gefährlich? ©Andrea Stalmashonak/Fotolia

Das Baby strahlt vergnügt und gibt erste Laute von sich. Schon ist es passiert. Der Schnuller fällt zu boden. Was nun? Ablecken und zurück in den Babymund? Wovor die Zahnärzte jahrelang warnten, könnte sich nun doch als hilfreich erweisen – nämlich zur Vorbeugung von Allergien. Denn eine schwedische Studie1 konnte zeigen, dass Kinder, deren Eltern den Schnuller zum Säubern in den Mund nahmen, seltener unter Allergien leiden. Für Karies-Experten Professor Dr. Stefan Zimmer, Sprecher der Informationsstelle für Kariesprophylaxe und Lehrstuhlinhaber an der Universität Witten/Herdecke gibt es jedoch auch Risiken.

In unserem Mund wohnt ein breites Spektrum an unterschiedlichen Mikroorganismen. Beim Ablecken des Schnullers gelangen diese von der Mutter in den kindlichen Mund. Aus diesem Grund warnten Zahn- und Kinderärzte viele Jahre vor dieser Art der Schnullerreinigung. Stattdessen sollten Eltern den Schnuller besser unter Wasser reinigen und regelmäßig auskochen. Doch genau das wiederum stellen schwedische Wissenschaftler jetzt in Frage. In einer Studie untersuchten sie den Zusammenhang zwischen Schnuller-Ablecken und der Entwicklung von Ekzemen und Allergien. Das Ergebnis: Die Kinder, die durch eine natürliche Geburt und das Schnuller-Ablecken bereits mit der Bakterienflora der Eltern in Kontakt gekommen sind, weisen deutlich weniger Ekzeme und Allergien auf.

Allergien auf dem Vormarsch

Experten diskutieren den fehlenden Kontakt mit Mikroorganismen als Ursache für die Zunahme von allergischen Erkrankungen in Industrieländern. Kinder, die auf Bauernhöfen aufgewachsen sind, zeigen ein deutlich niedrigeres Allergierisiko, vermutlich, weil ihr Körper sich bereits früh mit Mikroorganismen auseinandersetzen musste. Scheinbar ergibt sich ein ähnlicher Effekt, wenn Eltern den Schnuller oder Löffel ihres Kindes ablecken. Die schwedische Studie zeigte, dass das Ablecken des Schnullers bis zum Alter von sechs Monaten im Alter von 18 Monaten das Risiko des Auftretens einer Neurodermitis um 63% und das Auftreten von Asthma um 88% reduzierte. Auch die Art der Geburt spielte eine signifikante Rolle. Nur etwa 20 Prozent der Kinder, die natürlich geboren wurden und deren Eltern den Schnuller regelmäßig in den Mund nahmen, wiesen Ekzeme oder Allergien auf. Kaiserschnittgeborene Kinder, deren Eltern den Schnuller regelmäßig auskochten, litten dagegen zu 54 Prozent an allergischen Symptomen. Gerade Kinder, die per Kaiserschnitt geboren wurden, könnten also von dieser Art der Immunisierung profitieren.

Auf bestehende Infektionen achten

Das Ablecken des Schnullers kann jedoch auch Gefahren bergen. „In dem elterlichen Bakteriencocktail befinden sich häufig auch Erkältungskeime oder andere Erreger von Infektionen“, erklärt Professor Zimmer. Fast jeder Erwachsene trägt auch Herpes-Viren in sich. Was bei Erwachsenen nur ein lästiges Übel ist, kann bei Kindern vor allem in den ersten drei Lebensmonaten zur lebensbedrohlichen Gefahr werden. „bei akuten Infektionen oder einem Herpes-Ausbruch sollte auf das Ablecken des Schnullers weiterhin verzichtet werden“, fasst Zimmer zusammen.

Quelle:
1 Hesselmar B et al. (2013): Pacifier Cleaning Practices and Risk of Allergy Development. PEDIATRICS 131:6