Fluoridiertes Speisesalz in der Großküche: Gesetzliche Hürden erschweren Einsatz

Seit 1998 darf Fluoridsalz auch in Kantinen eingesetzt werden.

Bereits beim Essen die Zähne wirkungsvoll vor Karies schützen? Was wie ein Wunschgedanke klingt, ist in vielen Haushalten schon lange zum Alltag geworden. Die Zubereitung von Speisen mit fluoridiertem Speisesalz hat sich seit dessen Zulassung im Jahr 1991 im Haushalt etabliert. Heute verwenden etwa 70 Prozent der Haushalte das zahnfreundliche Salz. Seit 1998 darf Fluoridsalz auch in Kantinen eingesetzt werden. „Jedoch scheitert der Wunsch nach Kariesvorbeugung in der Gemeinschaftsverpflegung häufig bereits an der aufwendigen Antragstellung, die dafür erforderlich ist“, erklärt Professor Andreas Schulte, Zahnmediziner von der Universitätsklinik Heidelberg. Das ist besonders problematisch, da sich 80 Prozent der Berufstätigen mittags außer Haus verpflegen und auf das Angebot von Mensen und Kantinen angewiesen sind.

Die kariesvorbeugende Wirkung von fluoridiertem Speisesalz ist inzwischen durch zahlreiche Studien1,2,3 belegt. Im Rahmen der Fluoridierungsmaßnahmen bietet dieses Salz eine einfache und preiswerte Möglichkeit, Karies noch besser vorzubeugen. Fluoridiertes Speisesalz wirkt vor dem Verschlucken lokal durch den direkten Kontakt mit der Zahnoberfläche. Es erhöht die Fluoridkonzentration im Speichel und schützt so schon beim Essen vor Karies.

Was im Haushalt bereits gut funktioniert, ist in der Großküche noch Neuland. „Nur wenige Betriebe haben bisher von der Möglichkeit einer Ausnahmegenehmigung Gebrauch gemacht“, bedauert Professor Schulte. „Denn derzeit ist die rechtliche Situation immer noch so, dass fluoridiertes Salz in Großküchen nur dann verwendet werden darf, wenn hierfür eine spezielle Erlaubnis beantragt wurde“, so der Experte. Der leitende Oberarzt der Zahnklinik und Beiratsmitglied der Informationsstelle für Kariesprophylaxe hat im Rahmen einer zweijährigen Pilotstudie den Einsatz von fluoridiertem Speisesalz in der Personalkantine untersucht. „Fluoridiertes Speisesalz hat sich seit 1999 in unserer Kantine bewährt und die Fluoridversorgung unserer Essensteilnehmer verbessert“, erklärt der Zahnmediziner. „Seit dem steht das Salz in der Kantine täglich auf dem Speiseplan.“

Gesundheitsbewusste Betriebe können beim Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit einen Antrag einreichen und damit nachhaltig die Zahngesundheit ihrer Gäste unterstützen. Doch die meisten Betriebe scheitern bereits an den strengen Auflagen, die mit der Genehmigung einhergehen. Beispielsweise muss das Trinkwasser vor Ort einen Fluoridgehalt unter 0,7 mg pro Liter aufweisen. Bei minderjährigen Essensteilnehmern ist darüber hinaus von den Erziehungsberechtigten eine Einverständniserklärung einzuholen. Die Problematik kennt auch Professor Schulte: „Oft ist es für die Betriebe nicht so einfach, alle erforderlichen Unterlagen zu bekommen.“

Kritisch ist die geringe Verfügbarkeit von Fluoridsalz im Bereich der Gemeinschaftsverpflegung vor allem deshalb, weil sich die Lebensgewohnheiten der Menschen verändert haben. In unserer heutigen Zeit spielt die Außer-Haus-Verpflegung eine immer größere Rolle. 80 Prozent der Vollzeit-Berufstätigen verpflegen sich mittags außer Haus, so die Ergebnisse der Nestlé-Studie 20114. „Damit noch mehr Menschen von dieser effektiven Form der Kariesprophylaxe profitieren können, sollte fluoridiertes Speisesalz auch vermehrt in Großküchen Verwendung finden“, fordert Professor Schulte.

Darum bemüht sich auch die Informationsstelle für Kariesprophylaxe und unterstützt interessierte Betriebe bei der Antragsstellung. Weiterführende Informationen sowie ein Muster-Antragsformular stehen auf der Website www.kariesvorbeugung.de in der Rubrik „Wissenschaft + Praxis“ zum Download zur Verfügung.

Für die Genehmigung eines Antrags sind folgende Auflagen zu erfüllen:

    • Das verwendete fluoridierte Speisesalz muss den üblichen lebensmittelrechtlichen Anforderungen entsprechen. Der Fluoridgehalt des Speisesalzes darf zwischen 230 und 270 mg/kg liegen.

 

    • Das verwendete Trinkwasser muss einen Gehalt an Fluorid von weniger als 0,7 mg/l aufweisen.

 

    • Das angebotene Tafel-/ oder Mineralwasser muss einen Gehalt an Fluorid von weniger als 0,7 mg/l aufweisen.

 

    • Bei der Verwendung von fluoridiertem Speisesalz in Einrichtungen mit minderjährigen Essensteilnehmern muss ein aktives Einverständnis der Erziehungsberechtigten vorliegen.

 

  • Auf der Speisekarte oder auf einem Aushang muss auf die Verwendung von fluoridiertem Speisesalz hingewiesen werden. Außerdem muss ein Hinweis gegeben werden, was bei der Einnahme von zusätzlichen, fluoridierten Präparaten zu beachten ist.

Quellen:
1 Pieper et al (2007): Association of preventive measures with caries experience expressed by outcome variables Schweiz Monatsschr Zahnmed, Vol 11 7: 10 / 2007
2 Yüksel (2010) Karieserfahrung bei Kleinkindern – Korrelation zu verschiedenen Ernährungs- und Prophylaxeparametern; med. Dis. Berlin
3 Pieper (2010) Epidemiologische Begleituntersuchung zur Gruppenprohylaxe 2009. Gutachten. DAJ, Bonn
4 Nestlé Studie 2011: So is(s)t Deutschland – Ein Spiegel der Gesellschaft. dfv Deutscher Fachverlag, Frankfurt am Main.