Gemeinsam für gesunde Kinderzähne: Gruppenprophylaxe hat sich im Land Brandenburg über zwei Jahrzehnte bewährt

Die zahnmedizinische Gruppenprophylaxe hat sich im Land Brandenburg bewährt. Bild: Zahnärztlicher Gesundheitsdienst Brandenburg an der Havel

Die zahnmedizinische Gruppenprophylaxe hat sich im Land Brandenburg seit 1993 bewährt. „Ergebnisse der jährlichen Untersuchungen zeigen, dass sich die Mundgesundheit von Kindern aus Brandenburg deutlich verbessert hat und die Zahl der Zähne mit Kariesbefall gesunken ist“, sagt Dr. Gudrun Rojas. Die Sachgebietsleiterin des Zahnärztlichen Dienstes der Stadt Brandenburg an der Havel und stellvertretende Sprecherin der Informationsstelle für Kariesprophylaxe (IfK) betont zudem, dass durch die Gruppenprophylaxe in Kita und Schule Heranwachsende unabhängig von ihrer Lebenssituation erreicht werden. Problematisch sei in Deutschland allerdings seit etlichen Jahren die frühkindliche Karies im Alter zwischen null und drei Jahren. In Brandenburg war das vor 10 Jahren Anlass, das Präventionsprogramm „Kita mit Biss“ zu entwickeln und umzusetzen. Durch Schaffung eines zahnfreundlichen Kita-Alltags werden Botschaften zur Kariesprophylaxe schon bei den Kleinsten verankert. Im November 2015 erhielt dieses praxisnahe und bewährte Programm den dritten Platz beim „Präventionspreis Frühkindliche Karies“ (1), ausgeschrieben von der „Initiative für eine mundgesunde Zukunft in Deutschland“.

Gruppenprophylaxe am Beispiel von „Kita mit Biss“ im Land Brandenburg

An dem ausgezeichneten Ernährungs- und Aufklärungsprogramm „Kita mit Biss“ nehmen im Land Brandenburg über 370 Einrichtungen teil. Auch Kitas in anderen Bundesländern nutzen das Programm. Die Kitas verpflichten sich, freiwillig mundgesundheitsförderliche Maßnahmen umzusetzen, beziehen die Eltern aktiv mit ein und werden regelmäßig gruppenprophylaktisch betreut. Ein zahngesundes Frühstück, das Anbieten von zuckerfreien Getränken, das Zähneputzen nach der Hauptmahlzeit und vor allem das frühzeitige Abgewöhnen der Nuckelflasche bei Kindern, die schon aus der Tasse trinken können, gehört dazu, erläutert Rojas.

Studie zeigt: Kariesbefall konzentriert sich auf wenige Kinder

Eine 2012 veröffentlichte Studie zur frühkindlichen Karies des Landes Brandenburg und des Universitätsklinikums Jena ergab, dass sich der Kariesbefall auf eine kleine Gruppe von Kindern konzentriert. Hauptrisikofaktoren sind die nächtliche Fläschchengabe, gefolgt vom Sozialstatus und dem Alter der Kinder. (4) Individuelle Beratungen und Präventionsprogramme in der Gruppe unter Einbeziehung der Bezugspersonen der Kinder, wie zum Beispiel „Kita mit Biss“, sollten daher frühzeitig beginnen. „In der Gemeinschaft werden Kinder aus allen sozialen Schichten erreicht. Dies trägt mit dazu bei, dass die frühkindliche Karies reduziert wird“, sagt Rojas. Ergebnisse der Gesundheitsberichterstattung zeigen einen Rückgang der Milchzahnkaries im Land Brandenburg. Hatten vor zehn Jahren noch 20 Prozent der 3-Jährigen kariöse Milchgebisse, so sind es heute nur noch rund 10 Prozent (5). Dieser Trend macht deutlich, dass präventive Maßnahmen eine spürbare Verbesserung der Zahn- und Mundgesundheit bewirken. Zur Kariesprophylaxe gehören tägliches Zähneputzen, regelmäßige Zahnarztbesuche und Fluoridanwendungen sowie eine gesunde, kauintensive Ernährung. Bei der Mahlzeitenzubereitung im Haushalt solle zudem fluoridiertes Speisesalz verwendet werden.

Gruppenprophylaktische Maßnahmen haben eine hohe Effektivität

Die Vorsorge in der Gruppe erreicht laut Angaben des Spitzenverbandes der Gesetzlichen Krankenversicherungen (GKV) rund 80 Prozent der Kinder in Kindertagesstätten. [a] Dagegen nutze nur ein Drittel der unter Sechsjährigen die zahnärztlichen Früherkennungsuntersuchungen im Rahmen der Individualprophylaxe beim Zahnarzt. (2) Rojas betont: Der hohe Erreichungsgrad der gruppenprophylaktischen Betreuung trägt mit dazu bei, dass sich die Zahn- und Mundgesundheit der Kinder kontinuierlich verbessert. Problematisch ist in vielen Regionen allerdings noch immer die frühkindliche Karies bei Kleinkindern von null bis drei Jahren. Die Prävalenz stagniert in Deutschland zwischen sieben und 20 Prozent (3).

Historische Entwicklung der Gruppenprophylaxe

Im Jahr 1879 nahm Hofzahnarzt Carl Zimmer in Kassel erste Reihenuntersuchungen von Schulkindern vor und stellte einen erhöhten Kariesbefall fest. Aus dieser Untersuchung wurden Maßnahmen entwickelt, jedoch erst deutlich später: 1916 wurde das erste Gesetz zur Zahnpflege in Schulen erlassen. Das Geburtsjahr der modernen zahnmedizinischen Gruppenprophylaxe war das Jahr 1989 mit der Verabschiedung des § 21 Sozialgesetzbuch (SGB) V. Das Rahmengesetz legt fest, dass Krankenkassen und Zahnärzte gemeinsam und einheitlich mit den zuständigen Stellen auf Länderebene (= Öffentlicher Gesundheitsdienst) flächendeckende Maßnahmen einleiten, die Zahnerkrankungen bei Kindern unter 12 Jahren frühzeitig erkennen und verhüten sollen. Es wurde im Laufe der Jahre ergänzt und aktualisiert. (6) Gruppenprophylaxe bedeutet heute, dass das Putzen der Zähne in der Gruppe für die Kinder ein Erlebnis ist und schließlich zur Alltagsroutine wird. Erste Erfahrungen beim Untersuchen der eigenen Zähne werden gemacht, Fluoridanwendungen, Frühstücksaktionen, themenbezogene Projekte, Aktionen zum jährlichen Tag der Zahngesundheit und die Arbeit mit Eltern, Pädagogen sowie weiteren Partnern zeigen die methodische Vielfalt. Eine Öffnung der Gruppenprophylaxe von den „klassischen“ Elementen zu interdisziplinären Herangehensweisen und Ansätzen aus der Gesundheitsförderung hat sich entwickelt. Diese aufsuchende Betreuung erreicht die Kinder in ihrer Lebenswelt, ohne zu stigmatisieren, bezieht ihre Bezugspersonen ein und leistet einen Beitrag zur gesundheitlichen Chancengleichheit. (7)

[a] Bei dieser Zahl ist allerdings zu berücksichtigen, dass nur 61 Prozent der Null- bis Sechsjährigen eine Kita besuchen.

 Quellen:

 (1)   Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie, Land Brandenburg: Diana Golze gratuliert Präventionsprogramm  „Kita mit Biss“ zu 3. Platz bei Präventions-Wettbewerb (06.11.2015): www.masgf.brandenburg.de/cms/detail.php/bb1.c.421962.de.
(2)   Deichsel M, Rojas G, Lüdecke K, Heinrich-Weltzien R (2012): Frühkindliche Karies und assoziierte Risikofaktoren bei Kleinkindern im Land Brandenburg. Bundesgesundheitsblatt 55:1504-1511.
(3)   Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie (2015). Deutlicher Rückgang der Milchzahnkaries. Pressemitteilung 030/2015. www.masgf.brandenburg.de/cms/detail.php/bb1.c.390910.de (Zugriff: 5.1.2016).
(4)   Pressemitteilung zum Tag der Zahngesundheit (25.09.2015): www.tagderzahngesundheit.de/statements/pressemitteilung/.
(5)   Splieth CH, Treuner A, Berndt C (2009): Orale Gesundheit im Kleinkindalter. Prävention Gesundheitsförderung 4: 119-124
(6)   Ministerium für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz des Landes Brandenburg (2013): Gemeinsam für gesunde Kinderzähne. 20 Jahre Gruppenprophylaxe im Land Brandenburg.
(7)   Prophylaxe Impuls 1/2015

Herausgeber:
Informationsstelle für Kariesprophylaxe
Laura Zimmer, Dirk Fischer
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Telefon: 069 / 2470 6822
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